Die Dialektik "Freizeit und Leistung"

Prolog


Unsere Gesellschaft polarisiert sich im Prinzip in zwei Lager: diejenigen mit einem Freizeit-Schwerpunkt und diejenigen mit einem Leistungs-Schwerpunkt. Zunächst einige Worte zu den jeweiligen Definitionen.

Schwerpunkt "Freizeit": Hauptkennzeichen ist hier, dass Arbeit als notwendiges Übel, als Zwang angesehen wird und möglichst wenig Leistung erbracht wird (umgangssprachlich als Faulheit, wirtschaftswissenschaftlich als Minimal-Prinzip bekannt), mit der gerade noch ein bestimmtes Gehalt erreicht werden kann. Hier wird Dienst nach Vorschrift verrichtet und das wars. Wichtig sind in der Freizeit bewusst nichtrationale Tätigkeiten, d.h. alles was sich im thematischen Umfeld "Spaß & Urlaub" befindet. Eine rationale oder (leider auch) moralische Prägung ist eher die Ausnahme. Extremformen davon beschreiben den Vandalismus, das Quälen und Töten von Tieren.

Schwerpunkt "Leistung": Leistungsorientierte Menschen streben danach, eine möglichst große Leistung zu erzielen und ihr Einkommen entsprechend zu mehren (was im tarifär-organisierten Deutschland eher schwierig ist). Freizeit wird gezielt und bewusst als Erholungszeit zum Aufladen neuer Energie und für kreative Tätigkeiten genutzt.

Die meisten Menschen befinden sich im Spannungsfeld dieser beiden Pole, jedoch ist ein deutliches Ungleichgewicht zulasten der Leistungsorientierten festzustellen.


Woher kommt dieses Ungleichgewicht?

Zunächst einmal liegt das Zentrum des Problems nicht in der Mehrheit der Bevölkerung, die diesbezüglich tatsächlich eher Mitläufer und Nachahmer (meist unbewusst) als bewusste Minimal-Prinzipler sind. Vielmehr gibt es bestimmte staatliche Bereiche & wirtschaftliche Branchen, welche ihrer Natur nach ein solches Verhalten geradezu fördern:

I Bürokratie

Die hohe Bürokratiedichte in Deutschland benötigt natürlich eine entsprechende Anzahl von Beamten, umso mehr da Rationalisierungsmaßnahmen offenbar nicht vorgenommen werden, obwohl aufgrund der Unkündbarkeit von Beamten eine mit Rationalisierung einhergehende Reduzierung der Beschäftigtenzahl ausschliesslich durch den Nichtersatz von ausscheidenden Beamten geleistet werden kann. Daraus folgt, dass Rationalisierungsprozesse in diesem Bereich ohnehin schon sehr lange Ablaufzyklen haben, wenn sie überhaupt angestrebt werden.

II Bildung

Das deutsche Schulsystem hat derzeit offensichtlich keine Kompetenz, den Lern- und Leistungswillen der Schüler innerhalb einer Klasse zu fördern. Auch werden keine wirtschaftlichen Grundzusammenhänge vermittelt, allenfalls ein sozialistisch geprägtes Leben. Ein Wunder, dass sich dennoch relativ zahlreiche Menschen für den Einsatz in der Industrie, dem leistungsorientierten Sektor und eigentlichen Motor der Wirtschaft finden.

III Handel (Großunternehmen des LEH)

Der eigentliche Schock tritt hier zu Tage. Ein angeblich erstarkter stationärer Handel, der zwar formal alle möglichen sozialen Zusatzleistungen bietet, aber zugleich eine unerträgliche Nivellierungspolitik der Löhne bei unterschiedliche Qualifikation an den Tag legt - man könnte es beinahe als "Lohnfaschismus" bezeichnen. Es wird weder die berufsmäßige noch die wirtschaftliche Erfahrung & Kenntnisse eines gelernten Kaufmanns gewürdigt, indem er wie ein Ungelernter bezahlt wird, sofern die kaufmännische Ausbildung nicht konkret im Einzelhandel absolviert wurde. Es ist einleuchtend, dass ein Kaufmanns-Generalist in einem bestimmten Betrieb nicht wie ein Spezialist bezahlt werden kann. Ihm jedoch seine kaufmännische Qualifikation quasi abzuerkennen, ist nur noch als Unverschämtheit zu bezeichnen. Hier haben wir den ersten Faktor, welcher die vielen MA auf Zeit im LEH betrifft.

Wohin fließt das Geld stattdessen? In die Finanzierung der sozialen Wohlfahrt der langfristig tätigen Mitarbeiter, welche sich in der Arbeitshaltung jedoch zunehmend der Beamtenmentalität annähern. Hier wird also Geld ineffizient eingesetzt.

Es gibt einen unfassbaren Fakt, welchen der EH nicht eingestehen möchte: Eigentlich steht er mit dem Rücken zu Wand. Mit den Handelsmarken klassischer & generischer Art war zunächst ein Erstarken des Handels verbunden. Einkaufskontore boten den Unternehmen plötzlich die Möglichkeit, den großen Industrieunternehmen an Verhandlungsmacht paroli zu bieten, während nun kleine und mittelständische Unternehmen des produzierenden Gewerbes hier das nachsehen hatten.

Der LEH bekam somit eine bisher ungeahnte Marktmacht und kann sich aufgrund der hohen Diversifizierung zwischen den einzelnen Unternehmen i.V.m. der zunehmenden Unternehmenskonzentration gegenüber dem Verbraucher und auch gegenüber dem Angestellten sehr viel herausnehmen, z.B. eine knappe Dimensionierung der Märkte & Gänge, Sparen an KassiererInnen, mangelnde Optimierung der Leergut-Automaten (regelmäßige Ausfälle, zu geringe Pressdichte des Materials, zeitaufwendige Entleerungsmethoden, etc.) und natürlich den obengenannten Lohnfaschismus.
Damit werden zahlreiche Demotivationseffekte erzielt. So bleibt nur zu hoffen, dass Industrie 4.0 diesem Treiben vor Ort ein Ende bereiten kann.

Beinahe jeder geht nur nach dem Minimalprinzip vor. Diejenigen, welche mehr leisten werden nur aufgrund und in Bezug auf diese(r) Tatsache geschätzt, dass andere Mitarbeiter sich nach wie vor an Faulheit als höchstem "Wert" orientieren (auf eine Beschreibung des resultierenden Chaos in den Regalen verzichte ich mal!). Der Respekt vor einer höheren Leistung existiert jedoch (oder besser: dementsprechend) nicht.

Natürlich ist eine gewisse Würdigung seitens der Chefs gegeben, aber die Hauptentlastung durch die leistungsorientierten MA liegt nur indirekt bei den Führungskräften, weil natürlich das was die Huldiger des goldenen Kalbs der Faulheit nicht leisten weitestgehend von jenen geleistet wird.

Die gesellschaftliche Akzeptanz von Leistungsträgern ist nur relativ gering. "Nehmen und nicht geben", lautet hier die Devise, welche durch zuviel Sozialstaatlichkeit an den falschen Stellen gefördert wird.


IV Hartz 4

Ironischerweise wurde Faulheit erst seit jener radikalen Arbeitsmarktreform in der Öffentlichkeit als erstrebenswert erachtet. Durch die mediale Präsentation von Hartz IV-Empfängern, denen es angeblich so gut gehe wurde erfolgreich die Illusion in den Köpfen vieler Menschen verankert, dass Beschäftigungslosigkeit und das Ausnutzen anderer Menschen zu einem schönen Leben verhelfe.

Eine alte Weisheit sagt: "Wenn sich jemand regelmäßig über etwas belustigt, so verfügt er meist selbst über die Eigenschaften, welche Objekte seines Spottes sind."

Irgendwo müssen die Einschaltquoten für das sogenannte HartzIV-Konzept ja ihre Grundlage haben.


FAZIT

Zumindest, was Teil III dieser Ausführungen angeht, besteht Hoffnung; jetzt da die Industrie mit dem Internet Wege hat, den Konsumenten direkt anzusprechen - volkswirtschaftliche Effizienz ist hier in beinahe traumhafter Art und Weise gegeben, zumal man sich wenigstens zwei Idealen des vollkommenen Marktes deutlich annähert:

"Unendlich schnelle Reaktionsfähigkeit" & "Vollkommene Markttransparenz". Die beiden anderen Punkte: Homogenität der Güter & keine personellen, zeitlichen & räumlichen Präferenzen werden in der Breite der Produkte natürlicherweise nicht erreicht werden können, zumal Homogenität der Güter ab einer gewissen Dimension ohnehin dem Wettbewerbsgedanken widerspricht.


Schon der Name "Industrie" sagt an, was hier gefordert wird, von lat. industria, -ae = der Fleiß.

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